Real and relativ für die Hüfte
reale Knochenbewegungen und relative Gelenkbewegungen
Damit man Klienten möglichst effizient trainieren kann, muss man sehr gut darin sein, Gelenkbewegungen zu erkennen. Es hilft zu verstehen, was wirklich im Gelenk passiert: was schaltet die Propriozeptoren ein, welche Muskulatur ist wirklich aktiv, welche Bewegungen werden abgebremst, welche Bewegungen muss man untersuchen und wie lässt man die Bewegungen entstehen, die man in dem Gelenk haben will. Diskussionspunkt in diesem Artikel ist die rechte Hüfte. Mit „real“ ist der Raum und die Umwelt gemeint, in der wir uns bewegen: in der Sagittal-, der Frontal- und der Transversal-Ebene. Reale Knochenbewegungen des Femurs sind in der Sagittalebene Flexion und Extension, in der Frontalebene Abduktion und Adduktion, in der Transversalebene Außen- und Innenrotation. Das sind die Bewegungen, die wir aus den Lehrbüchern kennen. Wenn sich der Femur bewegt, bewegt sich in einer Kettenreaktion auch der Rest vom Körper. Dies fußt auf den Prinzipien der Integration, der Schwerkraft, von Bodenreaktionskräften und von Masse und Momentum. Immer vorausgesetzt der Körper befindet sich in einer aufrechten Position.
Die Beckenbewegung in der Frontalebene wird mit einer Lateralflexion nach rechts und links beschrieben. Wenn man sieht, wie sich das Becken zur Seite neigt, nach rechts oder links, sieht man eine reale Knochenbewegung. Bewegt sich der Femur nun identisch, d.h. synchron mit dem Becken, bewegen sich beide in dieselbe Richtung und mit derselben Geschwindigkeit. Hierbei findet keine relative Gelenkbewegung in der Hüfte statt, obwohl man Becken und Femur in der Bewegung sieht. Was passiert nun, wenn sich diese beiden Knochen nicht synchron bewegen? Zum Beispiel wenn sich beide Knochen in unterschiedliche Richtungen bewegen. Das Becken bewegt sich in der Lateralflexion nach links und der Femur in der Adduktion. Was wir sehen ist eine große Bewegung in die Hüftadduktion. Genauso andersherum: das Becken bewegt sich in der Lateralflexion nach rechts und der Femur in der Abduktion. Es entsteht Hüftabduktion. Wenn ihr also seht, wie sich der Femur in der Adduktion bewegt, dann seht ihr die reale Knochenbewegung der Adduktion. Wenn sich das Becken in der Lateralflexion nach links bewegt, dann seht ihr die reale Knochenbewegung der Lateralflexion nach links. Und wenn ich beide Bewegungen kombiniere (ein sehr wichtiges Prinzip was die Extremitäten angeht), dann nennen wir, was der distale Knochen, der untere Knochen macht, relativ zum proximalen Knochen, hier Adduktion. Wenn ich den Femur in der Adduktion bewege, nennen wir das Adduktion. Der distale Knochen bewegt sich, der proximale Knochen ist fixiert. Wenn wir jetzt nur das Becken nehmen und bewegen es in der Lateralflexion nach links, der Femur bewegt sich nicht, ist fixiert, dann entsteht in der rechten Hüfte wieder Adduktion. Zusammenfassend haben wir also drei Knochenbewegungen die zur Adduktion in der rechten Hüfte geführt haben.
1. Der Femur wird adduziert, das Becken ist fest
2. Adduktion mit beiden Knochen, die sich in die entgegensetzte Richtung bewegen; Femur adduziert, Becken Lateralflexion nach links
3. Adduktion wenn der proximale Knochen das Becken sich in der Lateralflexion nach links bewegt und der Femur fixiert ist
Was wäre wenn sich beide Knochen in dieselbe Richtung bewegen? Wenn sie dabei dieselbe Geschwindigkeit haben, also eine synchrone Bewegung ausführen, findet keine relative Gelenkbewegung statt. Spannend wird es nun, wenn sich die Knochen in dieselbe Richtung mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten bewegen. Wenn der rechte Femur sich in der Adduktion bewegt, das Becken sich in derselben Richtung bewegt, Lateralflexion nach rechts, aber nicht so schnell wie der Femur, entsteht auch wieder Adduktion. Es ist durch eine Bewegung gegangen, die diese Adduktion kreiert hat, immer vorausgesetzt es ist von einer neutralen Position gestartet. Wie ist das passiert? Der Femur hat sich bewegt, das Becken hat sich in dieselbe Richtung bewegt, der Femur hat sich jedoch schneller bewegt. So entsteht in der Hüfte die relative Gelenkbewegung von Adduktion. Was passiert wenn der proximale Knochen schneller als der Distale ist? Wenn man den Femur in der Abduktion bewegen würde, würden die meisten diese Bewegung als Abduktion beschreiben. Vorsicht. Die reale Knochenbewegung des Femurs ist hier Abduktion. Der proximale Knochen bewegt sich in dieselbe Richtung, Lateralflexion nach links, wenn der proximale Knochen sich nun schneller bewegt als der distale Femur, entsteht wieder die relative Gelenkbewegung der ADDUKTION. Man sieht die reale Knochenbewegung des Femurs abduzieren, der proximale Knochen hat sich in dieselbe Richtung bewegt, aber schneller. Diese Bewegung öffnet die laterale Hüftseite und so ist die relative Bewegung im Hüftgelenk immer noch Adduktion.
Fünf Wege um Bewegung in einem Gelenk zu kreieren:
1. Der Femur rotiert nach innen (beschrieben wie in den Lehrbüchern), Becken bewegt sich nicht. Die Rückseite der Hüfte längt sich. Man spürt Innenrotation.
2. Der Femur ist fixiert (wir reden immer noch über die rechte Hüfte), das Becken dreht sich nach rechts. Wieder entsteht Innenrotation.
3. Der Femur rotiert nach innen, hier der rechte Femur dreht nach links und das Becken dreht nach rechts. Diese entgegengesetzte reale Knochenbewegung lässt wieder Innenrotation im Gelenk entstehen.
4. Beide Knochen bewegen sich in dieselbe Richtung. Becken rotiert nach links, Femur rotiert ebenfalls nach links. Der distale Knochen, der Femur, bewegt sich wieder schneller als der proximale Knochen, das Becken. Wieder entsteht Innenrotation.
5. Wenn der rechte Femur nach außen rotiert, also nach rechts, würde man diese reale Knochenbewegung als Außenrotation beschreiben. Richtig, aber während der Femur sich in der Außenrotation bewegt, bewegt sich das Becken in derselben Richtung, dreht ebenfalls nach rechts, aber schneller. Wieder bewegt sich der proximale Knochen schneller als der distale Knochen (trifft für die Extremitäten zu, ist bei der Wirbelsäule anders herum). Es entsteht eine Innenrotation.
Beispiel Golf: Beschreibung was passiert, wenn ich beim Golf die Ausholbewegung nach oben rechts ausführe. Ich nehme meinen Golfschläger in die Hand, der Golfschläger mit meiner Hand als Driver, bewegt meinen restlichen Körper während des Aufschwungs. Wenn ihr euch jetzt den rechten Femur anschaut, seht ihr den rechten Femur in der Außenrotation. Die Lehrbücher sagen, dass wir hierbei jetzt ebenfalls eine Außenrotation in der rechten Hüfte haben. Das ist FALSCH. Weil ich den Schläger mit meiner Hand bewegt habe, und meine Hand der Driver ist, ist es wichtig zu verstehen von wo aus der Schläger bewegt wurde. Der Knochen, der am nächsten am Driver ist, bewegt sich auch schneller. Bei diesem Golfaufschwung bewegt sich das Becken schneller als der Femur. Der Femur geht durch die reale Knochenbewegung der Außenrotation, das ist völlig korrekt. Mein Becken rotiert nach rechts, ebenfalls korrekt. Welcher Knochen hat sich schneller bewegt? Die Hände beeinflussen zuerst das Becken, bevor das Becken den Femur beeinflusst; das Becken bewegt sich schneller als der Femur, da wir einen durch die Hand ausgeführten Top-Down-Drive haben. Wenn sich das Becken schneller bewegt als der Femur und wir stoppen in der letzten Position des Schwungs, befindet sich die Hüfte in dieser Endposition in der Innenrotation und nicht in der Außenrotation. Durch welche Bewegung ist das Becken in diese Position gekommen? Ebenfalls Innenrotation (relative Gelenkbewegung).